Niederlande @ 1940 #2: die militärische Organisation

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Vor einer Woche haben wir große Töne gespuckt und ihr habt euch sicher gefragt, was die Brüder da so vorhaben. Jetzt wollen wir mal Butter bei die Fische geben. Wir beginnen mit der Organisation der Niederländischen Armee.

Die Niederländischen Armee: Organisation der Einheiten

Hier werden wir erstmal eine kurze und allgemeine Zusammenfassung der Organisation der Einheiten der niederländischen Armee geben. Wir zeigen die häufigsten Gliederungen der Infanterie- und Artillerie-Einheiten. Man sollte erwähnen, dass die niederländische Armee eine ganze Reihe von recht unterschiedlichen Einheiten hatte. Wir haben uns hier auf die Standard-Infanterie-Einheiten und -Artillerieabteilungen beschränkt.

Die niederländische Militärorganisation

Die niederländische Armee hatte ihr Hauptquartier (GHQ) in der Stadt Den Haag. Dort hatten der Oberbefehlshaber (CIC) und seine Mitarbeiter ihre Leitstelle. Der CIC – dies war damals General Winkelman – hatte den Oberbefehl über alle drei Teilstreitkräfte: Heer, Luftwaffe und Marine ( ausschließlich in niederländischen Binnengewässern ). Die Marine wurde als eigene Teilstreitkraft betrachtet, wenngleich sie dem CIC unterstellt war. Die Luftwaffe hingegen war ein integraler Bestandteil der Armee.

Alle drei Teilstreitkräfte wurden von jeweils einem einzelnen Kommandanten ( Chef des Stabes ) mit ihrem eigenen Stab geführt.

  • Generaal-Majoor HFM Van Voorst tot Voorst, Chef des Stabes (COS) der Armee
  • Luitenant-Generaal Bester, Kommandant der Luftwaffe und Boden-Luftabwehr
  • Vize Admiraal Fürstner, Chef des Marinestabs

Die Armee gliederte sich in die Feldarmee und die stationäre Armee.

Die stationäre Armee

Als die Formationen der stationären Armee galten Festungstruppen, Küstentruppen, Depottruppen und Trainingseinheiten. Sie unterstanden dem Kommandanten der Festung Holland, Luitenant-Generaal Van Andel. Infolge der deutschen Luftlandeoperation im Westen wird er ab dem ersten Tag der Invasion ebenfalls das Kommando über das 1. Korps erhalten. Er hatte seinen eigenen Stab, der jedoch eher auf eine begrenzte Anzahl an unterstellten Einheiten ausgelegt war.

Die Formationen der stationären Armee umfassen nur Regimenter mit hohen Nummern wie zum Beispiel Regimenter mit älteren Reservisten. Dies waren die Infanterieregimenter 25 bis 48 – obwohl einige der Regimenter in diesem Bereich der Feldarmee unterstellt waren, vor allem in den Brigaden A, B und G.

Die nicht-stationäre Armee

Die nichtstationären Truppen unterstanden dem Kommandanten der Feldarmee, Luitenant-Generaal JJG van Voorst tot Voorst, dem älteren Bruder des Chef des Stabes der Armee. Mehr als die Hälfte der gesamten Streitkräfte unterstanden seinem Kommando und wurden als „Veldleger“ (Feldarmee) bezeichnet. Auch ein Teil der kleinen niederländischen Luftwaffe unterstand dem direkten Befehl des Kommandanten der Feldarmee. Der Rest unterstand direkt dem Generalstab. Die Feldarmee umfasste alle niedrig numerierten Infanterie- und Artillerieregimenter. Das Garderegiment Grenadiers und das Garderegiment Jagers sowie die Regimenter 1 bis 24 waren Teil der Feldarmee. Und wie schon gesagt, gehörten zeitweilig auch einige der höheren Regimenter dazu.

Die niederländische Marine

Der beste Teil der niederländischen Marine wurde außerhalb der niederländischen Gewässer, vor allem in Niederlandisch Ostindien ( NEI, heute Republik Indonesien ) stationiert. Einige wenige Einheiten standen in Niederländisch Westindien ( Surinam und den Niederländischen Antillen ). Alle Schiffe ( bis auf einen leichten Kreuzer ) gehörten zur NEI-Flotte.

Die Feldarmee

Die ersten 24 Infanterieregimenter ( einschließlich dem Garderegiment Grenadiers und dem Garderegiment Jagers ) sowie die ersten 12 Artillerieregimenter stellen den Großteil der Feldarmee dar. Diese Einheiten hatten in der Regel die jüngeren Soldaten in ihren Reihen. Die zweite Gruppe der Infanterieregimenter mit den Nummern 25 bis 48 hatte vorwiegend ältere Soldaten in ihren Reihen. Sie waren auch etwas kleiner und hatten eine etwas schwächere Bewaffnung.

Die Artillerieregimenter 13 bis 27 erhielten oftmals ältere Ausrüstung und bekamen auch ältere Reservisten zugewiesen. Nur eine geringe Anzahl wurde in die Formationen der Feldarmee aufgenommen. Dem Rest (zwei Regimenter insgesamt) wurde Positionen in den Provinzen Noord-Brabant und Zeeland und der Festung Holland zugewiesen.

Die Feldarmee wurde in vier Armeekorps gegliedert, die jeweils aus

  • zwei Infanteriedivisionen und
  • zwei Artillerieregimentern sowie
  • Divisionsunterstützungseinheiten

bestanden. Es gab zwei Brigaden mit jeweils etwa 5.000-6.000 Mann, welche der Betuwe-Linie und der Maas-Waal-Linie zugewiesen wurden. Die dritte und kleinere Bridgade G wurde in der Festung Holland stationiert, sollte aber im Grunde das III. Corps auffüllen, wenn es sich in die Festung Holland zurückgezogen und vier Bataillone als Nachhut an der Peel-Raam-Linie zurückgelassen hätte. Die leichte Division und die Peel-Division sowie die Masse der Grenz-Infanterie unterstanden ebenfalls der Feldarmee.

Die Festung Holland wurde gebildet aus den Städten Leiden, Den Haag, Rotterdam, Dordrecht und Utrecht. Die Festung Holland war als die letzte Verteidigungslinie der niederländischen Armee geplant. Sie nutzte natürliche Verteidigungsbarrieren wie Flüsse und Kanäle, so zum Beispiel Maas und Waal im Süden und die Grebbelinie im Osten (Grebbe-Berg).

Die Grenz-Infanterie

Es gab 25 Grenzinfanteriebataillone ( jeweils etwa 600-700 Mann stark ) und 16 Grenzinfanteriekompanien ( jeweils etwa 150 Mann stark ). Diese wurden zum Teil aus jungen Wehrpflichtigen gebildet. Vor allem die höher numerierten Einheiten bestanden mehr aus älteren Reservisten.

Die strategische Verteidigung der Niederlande nahm im Jahr 1936 Gestalt an. Im Falle eines Überfalls durch einen Feind wäre in dem Moment, in dem die Wehrpflichtarmee noch nicht mobilisiert oder die Truppen mit der Bereitstellung beschäftigt waren, das Land entlang der Grenzgebiete ohne Schutz. Daher wurden Infanterie-Grenzformationen gebildet.

Der größte Teil dieser Einheiten wurde an der östlichen und südlichen Grenze stationiert sowie an den Küsten und auf einigen der Inseln im Wattenmeer. Die Grenzinfanterieeinheiten wurden besser ausgestattet als die durchschnittlichen Infanterie-Bataillone. Da sie alleingestellt waren und nicht durch Regiments- oder andere Unterstützungseinheiten unterstützt wurden, erhielten sie oftmals eine zusätzliche Infanteriegeschütz-Batterie sowie eine Panzerabwehr-Batterie. Diese zusätzliche Ausstattung stand neben den regulären Schützenkompanien und der schweren MG-Kompanie zur Unterstützung bereit. Manchmal gab es auch zusätzlich eine Einheit mit drei Granatwerfern. Insgesamt etwa 20.000 Mann standen in diesen Grenzinfanterieeinheiten. Eine bescheidene Streitmacht, die fast vollständig der Feldarmee unterstand.

Weitere Gruppen

Es gab auch einige Gruppen ( nicht zu verwechseln mit Formationen der Armeekorps ) mit fest zugewiesenen Frontbereichen und Einsatzgebieten. Diese Gruppen waren mehr oder weniger Einsatzkräfte und man kann keine einheitliche Grliederung für sie angeben. Die wichtigsten zwei waren die Gruppe Kil und die Gruppe Spui, die beide einen Abschnitt der Südfront der Festung Holland verteidigten. Beide hatten etwa Brigadegröße.

Das niederländische Hauptquartier saß in der Regierungshauptstadt Den Haag, mit Ausnahme des Hauptquartiers der Feldarmee ( Zeist ). In Den Haag hatte sich auch die königliche Familie nach der Generalmobilmachung der Armee im August 1939 niedergelassen. Vor der Mobilmachung wohnte die Königin oft in ihrem Palast in Apeldoorn. Allerdings lag diese Stadt direkt vor den wichtigsten Verteidigungslinien.

Die Soldaten der niederländischen Armee

Die Armee bestand zu mehr als 95% aus Wehrpflichtigen. Die Reihen wurden nur mit einer kleinen Anzahl an Berufsoffizieren und Berufsunteroffizieren aufgefüllt. Grundsätzlich wurden alle Mannschaftsdienstgrade aus bei der Mobilisierung einberufenen Truppen gebildet. Im Jahr 1940 waren es Wehrpflichtige aus den Jahrgängen 1924-1940, welche die Truppen formten. Dies bedeutet, dass Männer, die im Jahr 1924 erst 18 Jahre alt waren, nun als 34 oder 35 Jahre alte Männer dienten. Im Vergleich zu der belgischen und insbesondere der französischen Armee kann das Durchschnittsalter des niederländischen Soldaten als nicht zu hoch angesehen werden.

Berufssoldaten war durch alle Linien zu finden, vor allem aber die Offiziere wurden in Stabsstellen konzentriert. Aufgrund der Anforderungen an einen Stabsoffizier, waren hier Berufsoffiziere erforderlich. Dies führte dazu, dass Stellen von Feldkommandeuren oft nur mit Reservisten besetzt waren. Reservisten – die nie Berufsoffiziere waren – gab es bis zum Rang eines Lieutenant-Colonel (Oberstleutnant). Viele der Reservisten mit Dienstgrad Major oder darüber waren wiedereinberufene Berufsoffiziere. Sie wurden jedoch als Reserve-Offiziere bezeichnet. Berufssoldaten bei den Mannschaftsdienstgraden gab es nicht. Eine Ausnahme bildeten hier nur die Marine und die Polizeitruppen.

Am 10. Mai 1940 waren die niederländische Armee, Luftwaffe und Marine in der Lage eine Streitmacht von nur 280.000 Menschen zu mobilisieren, um sie den deutschen Angreifern entgegenzustellen.

Die Einheiten der niederländischen Armee

Natürlich unterschieden sich die Einheiten sehr stark. Dennoch kann man grob sagen, dass ein Korps aus 25.000 Mann bestand, eine Division aus 10.000 Mann und eine Brigade aus 6.000 bis 7.000 Mann.

Division

Eine Division wurde von einem Oberst befehligt und verfügte über folgende unterstellte Einheiten.

  • in der Regel zwei oder drei Infanterie-Regimenter
    von einem Oberstleutnant befehligt, mit jeweils 2.200-2.600 Mann,
  • ein oder zwei Artillerieregimenter
    jeweils 500-700 Mann
  • Unterstützungseinheiten.

Infanterieregiment

Ein Infanterie-Regiment bestand aus

  • drei Bataillonen
    Von einem Major befehligt, mit jeweils 700-750 Mann
  • Unterstützungseinheiten.

Bataillon

Bataillone wurden von drei oder mehr Kompanien ( in der Regel 150 bis 180 Mann ) mit einigen Support-Einheiten gebildet.

Kompanie

Die Kompanien wurden in drei oder vier Sektionen gegliedert (heutzutage würde man sie Zug nennen). Die Sektionen gliederten sich in drei oder vier Gruppen.

Eine schwere MG-Kompanie gliederte sich in drei Sektionen von entweder jeweils drei MGs (niedrig numerierte Regimenter) oder vier Sektionen mit je zwei MGs (hoch numerierte Regimenter und unabhängige MG-Kompanien).

Infanterieregiment

Ein Infanterieregiment ( bis einschließlich 24. Infanterieregiment ) hatte

  • einen Stab (130 Mann)
  • eine leichte Infanteriegeschütz-Batterie (40 Männer, 4x 5,7 cm Krupp),
  • eine Panzerabwehr-Kompanie (70 Mann, 6x 4,7 cm Böhler-Pak),
  • eine Mörser-Kompanie (90 Mann, 6x 81mm Stokes-Brandt-Mörser) und
  • drei Bataillone Infanterie (700-750 Mann, 3x Infanteriekompanie und 1x schwere MG-Kompanie).

Die Infanterieregimenter 25 bis 46 hatten einen etwas kleineren Stab, weniger Unterstützungseinheiten und etwas kleinere Infanteriebataillone. Sie hatten in der Regel etwa 300 bis 400 Mann weniger als die niedrig numerierten Regimenter.

Infanteriebataillon

Ein Standard-Infanteriebataillon der ersten 24 Regimenter hatte

  • einen Stab ( 75-80 Mann )
  • eine schwere MG-Kompanie ( 190 Mann, 12x 7,9 mm Schwarzlose-MG )
  • drei Schützen-Kompanien ( jeweils 180 Mann, 12x 6,5mm leichtes Lewis-MG )

In den hoch numerierten Regimentern hatte ein Infanteriebataillon

  • einen Stab ( 60-65 Mann )
  • eine schwere MG-Kompanie ( 150 Mann, 8x Schwarzlose- oder Vickers-MG )
  • drei Schützenkompanien ( jeweils 150-160 Mann, 8x 6,5 mm leichtes Lewis-MG ).

Infanteriekompanie

Die Infanteriekompanien – befehligt von einem Hauptmann – bestanden alle aus Schützen- oder leichten MG-Sektionen.

Eine Sektion – befehligt von einem Leutnant oder Offiziersanwärter oder dienstälteren Unteroffizier – hatte drei oder vier Trupps. Diese waren in der Regel 9 bis 12 Mann stark und wurden von einem Feldwebel befehligt. Schützentrupps hatten ein Steyr-Gewehr, während ein leichter MG-Trupp ein leichtes Lewis-MG hatte, das von einem MG-Schützen und einem Ladeschützen bedient wurde. Beide hatten zur Nahverteidigung eine Pistole. Der Rest der Sektion war mit dem Steyr-Gewehr ausgerüstet.

Artilleriebataillon 75mm

Ein Standard-7,5cm-leichtes-Feldgeschütz-Artilleriebataillon der ersten acht Regimenter ( 9. bis 12. Artillerieregiment waren anders ) hatte

  • Stab einschließlich Munitionsstaffel ( 120 Mann ) und
  • drei Batterien ( je 140 Mann, 4 Geschütze 7,5 cm Krupp und 2x 6,5 mm leichtes Lewis-MG ).

Artilleriebataillon 12cm

Ein Standard 12cm- oder 15cm-Haubitzen-Artilleriebataillon hatte

  • einen Stab mit Munitionsstaffel ( 120 Mann ) und
  • drei Batterien ( je 140 Mann, 4x 12cm-Haubitze Bofors oder Krupp und 2x 6,5 mm leichtes Lewis-MG ).

Artilleriebataillon 15cm

Das gleiche Bataillon aber, ausgestattet mit den 15cm-Krupp-Haubitzen hatte

  • einen Stab mit Munitionsstaffel ( 110 Mann ) und
  • drei Batterien ( 130 Mann, 4x 15-cm-Haubitze und 2x 6,5mm leichtes Lewis-MG ).

Kavallerie

Die Kavallerie hatte eine große Vielfalt an Organisationseinheiten. Für alle diese Einheiten können wir hier keine Strukturen angeben. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass Einheiten mit Regimentern gebildet wurden, die aus vier, fünf oder sechs Schwadronen ( Äquivalent zur Kompanie, aber kleiner ) bestanden. Schwadronen wurden in Züge gegliedert. Die Kavallerieeinheiten wurden entweder mit Pferden, Fahrrädern oder Motorrädern oder eine Mischung davon ausgestattet.

Die Panzerwagen-Schwadronen wurden mit wurden mit 12 AFV und einem ACV ausgestattet und waren gegliedert in Züge von jeweils drei Panzerwagen und einen Zug der Motor-Husaren. Die Einheit mit fünf Universal Carriers ( Cardon-Lloyd ) hatte sich in drei unterschiedliche Sektionen unterteilt. Zwei mit je zwei Universal Carriers und eine mit dem letzten verbliebenen Universal Carrier.

Soviel für heute zur Gliederung der Niederländischen Armee im Jahr 1940. Die hier genannten Daten und Fakten sollen uns in unseren nächsten Artikeln als Grundlage dienen.

Stay tuned

Sturmi


Bildnachweis: © FrankM, mit freundlicher Genehmigung vom Dutch Cavalry Museum in Amersfoort

Über den Autor

Sturmi ist passionierter Dioramen- und Modellbauer und Table-Top-Spieler. Seinen Einstieg fand er über das frühere Spielsystem "Behind-Omaha" von Samy, aktuell spielt er "Poor Bloody Infantry/PBI", "Geile Scheiße", "DBMM", "ARMATI", "SAGA" und "Bolt Action"

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