Von Taktik und Strategie

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Der XENA ist ein alter Stratege – und wahrlich kein schlechter. In diesen Tagen hat er sich so seine Gedanken um Taktik im Tabletop-Spiel gemacht. Und er hat sie zu Papier gebracht, genauer zu „Mail“. Als solche flatterten mir seine Notizen zu. Und ich beschloss, sie zu veröffentlichen, denn seine Gedanken haben mir ein wenig aus dem Herzen gesprochen. Aber bitte lest selbst.

Strategie, Taktik und Tabletop – oder „Welten treffen aufeinander“

In unserem Hobby wird immer mal wieder von „Strategie und Taktik“ gesprochen. Mit mehr oder oft weniger Verständnis dieser beiden Begriffe an sich. Nun ist das an sich ja nichts Schlimmes, wären da nicht oft Aussagen von Tabletop-Strategen und -Taktikern, welche von der Wahrheit nicht weiter entfernt sein könnten als sie es sind.

Darum nur einmal kurz zur Erklärung.

Strategie: Definition

Exzerpt : „..das Mittel, mit dem der Feldherr sein eigenes Land verteidigen und das seines Feindes besiegen kann…“
(byzantinische Schrift, 6.Jhd.n.Chr.)

Taktik: Definition

Exzerpt : „… (Militär) ist die Theorie und Praxis der Führung und des Einsatzes von militärischen Formationen (Verbänden, Truppenteilen und Einheiten) in Gefechten.

Taktiker und Strategen in der Geschichte

Wer war was..? Suchen wir einmal in der Historie.

  • Alexander der Große
  • Hannibal
  • Robert E. Lee
  • Friedrich der Große
  • Eugen von Savoyen

um nur einige zu nennen: sie alle waren beides. Sowohl brillante Strategen als auch ausgebuffte Taktiker. Der berühmte Blücher oder Generalfeldmarschall Rommel dagegen „nur“ geniale Taktiker. Und wir Sofageneräle..?

Quelle: Xena

Quelle: Xena

Was beschäftigt Strategen und Taktiker?

Viele von uns verstehen unter Strategie und Taktik weit verschiedene Dinge und Vorgehensweisen. Einer der Hauptgründe dafür sind naturgemäß die Spielregeln, welche wir benutzen. Aber – und dies ist ein sehr wichtiger Faktor – unsere Interpretation dieser Regeln führt sehr oft zu dem Unglauben, wir wären taktische und strategische Meister.

Strategie und Taktik ist in unserem Fall nun mal eine militärische Angelegenheit. Hat man jedoch keine militärische Vorkenntnis – sei sie erlesen oder selbst erfahren – ist sie in einem Spiel kaum bis gar nicht vorhanden und ebenso wenig umzusetzen. Ein weiteres großes, wenn nicht sogar das größte Manko ist die sogenannte „Gottessicht“ („Godsight“). Wir übersehen das Schlachtfeld wie ein Gott und wissen um all die einflussnehmenden Faktoren, die darauf herrschen. Schon aus diesem Grund kann sich eine wahre Strategie- und Taktik-Fähigkeit gar nicht recht herausbilden, und wir bewegen uns nur noch im Rahmen der Spielregel.

Quelle : Xena

Quelle : Xena

Ein Beispiel…

Auf dem Spielfeld liegen verschiedene Wälder. In vielen Spielregeln wäre die Vorgehensweise nun die Folgende: Da der Wald Einheiten verstecken kann, sieht die Regel vor, dass man diese Einheiten nicht sehen kann – was man real aber tut. Der Spieler soll also so tun, als hätte er von dem Vorhandensein dieser Einheit keine Ahnung: Was nicht geht, denn er hat sie ja gesehen. Dieser Spieler wird also im Rahmen der Spielregel weiter handeln. Beispielsweise wird er eine spezielle Einheit bis „x“ Zentimeter an den Wald ziehen, und die feindliche Einheit dann sehen – was er ja eh schon getan hat, nur sagt es jetzt auch die Spielregel. Manche Spielregeln gehen sogar so weit, dass man nun das ganze Waldstück als aufgeklärt betrachten kann, und dann mit diesem Wissen entsprechend weiterspielt.

Ganz ehrlich..?

Diese Vorgehensweise hat mit Taktik so viel zu tun, wie Heavy Metal mit der kleinen Nachtmusik von Mozart. Man kann die Unsicherheit eines Menschen (in diesem Falle jene des Spielers) bei einer Entscheidung nicht simulieren. Dies gehört bei Taktik aber dazu.

Quelle: Xena

Quelle: Xena

Ein weiteres, von mir selbst gespieltes Beispiel

In diesem Beispiel wurde mit versteckten Einheiten gespielt. Wir haben wieder unseren Wald. Dieser liegt an der linken Flanke einer griechischen Phalanx. In dem Wald befindet sich … nichts! (was auf einem Notizblock notiert war) Das Ganze ist ein gefährliches Vabanque-Spiel von mir, aber ich gehe davon aus, dass mein Gegner um die gefährlich-wichtige Position an der Flanke einer Phalanx weis. Und darum gehe ich davon aus, dass in diesem Waldstück eine starke Einheit zum Schutz bereitsteht, so wie es auf der rechten Seite der Phalanx der Fall ist. Und diese Einheit ist auch gut zu sehen.

Im Verlauf der Schlacht steht vor diesem Wald eine gegnerische Einheit, welche zwar nur eingeschränkt für dieses Gelände taugt, aber immer noch stark genug wäre, die Phalanx in einem Flankenangriff (welcher für die Phalanx tödlich wäre) zu vernichten.

Während der gesamten Schlacht traut sich mein Gegner nicht, mit seiner Einheit diesen Wald zu betreten, und den tödlichen Angriff gegen mich zu starten, da er in dem Wald eine Einheit Hypaspisten / Peltasten vermutet, welche für seine Einheit tödlich wäre. Letztendlich gewinne ich durch genau diesen Punkt die Schlacht!

Diese Vorgehensweise wäre durch Spielregeln gelenkt nicht möglich gewesen. Eine wie ich zugeben muss sehr gefährliche Taktik, die mit dem Wissen des gegnerischen Generals um die historische Vorgehensweise in einem solchen Fall spielt, entscheidet zusammen mit der nicht zu simulierenden Unsicherheit des gegnerischen Generals die Schlacht.

Dieses Beispiel zeigt gleich mehrere Faktoren, von denen ich persönlich glaube, dass sie in Spielregeln viel zu wenig bedacht wird. Es fängt schon damit an, dass viele Spieler ihre Armee nicht nach historischem Vorbild, sondern nach Zweckmäßigkeit aufstellen.

Wer nimmt schon eine Einheit ohne Kampfwert, welche er vielleicht gar nicht richtig einsetzen kann? Hier sind wir wieder bei unsinnigen Regeln der Aufklärung wie weiter oben beschrieben („ich bin 2 Zoll am Wald, jetzt seh ich alles was drin ist!“) Dieser Spieler braucht keine Einheit, die sich zwar gut im Wald bewegen kann, im offenen Kampf aber sehr schwach ist.

Nur dass sich kein General der Welt jemals hätte aussuchen können, welche Soldaten unter seinem Kommando stehen. Dazu kommen zum Teil oft haarsträubende Spielregeln, welche solch exotischen Vorgehensweisen wie „plänkelnde Kriegselefanten“ oder durch

Schlacht um die Rhône (Foto: shutterstock - Morphart Creation)

Schlacht um die Rhône (Foto: shutterstock – Morphart Creation)

„dichteste Wälder attackierende Kataphrakten“ erlauben, was unter anderem dazu führt, dass solche Spieler allen Ernstes daran glauben ein taktisches Genie zu sein. Speziell auf die Spielregel bezogen mag dies sogar stimmen, doch mit richtiger Taktik hat das meiner Meinung nach nichts zu tun.

Nun, das mag überheblich klingen, ist aber meine Meinung. Die alles sollte uns dazu führen, unsere Spielregeln entsprechend zu überdenken und zu bearbeiten, um all diesen Faktoren besser gerecht zu werden. Oder wir können natürlich bei unserer bisherigen Spielart bleiben, dürfen uns aber bestenfalls noch „Spielregel-Taktiker“ nennen. Immerhin… Oder Sofa-Generäle…

Grüße vom Monnemer Sofa…

Euer XENA

Anmerkungen

  1. Plänkler
    Speziell auf das Geplänkel ausgerichtete Soldaten wurden als Plänkler bezeichnet. In Meyers Großem Konversations-Lexikon von 1907 heißt es, Geplänkel seien „kleine Beunruhigungen gegenseitiger Vorposten oder Vortruppen durch Angriffe und Feuergefechte.“
  2. Kataphrakt
    altgriechisch Κατάφρακτος Kataphraktos, deutsch ‚Gepanzerter‘ oder ‚in Eisen gekleideter‘. Bezeichnet einen schwer gepanzerten Reiter der antiken und frühmittelalterlichen Kavallerie, der hauptsächlich in iranischen, spätrömischen und byzantinischen Armeen eingesetzt wurde.

Über den Autor

Sturmi ist passionierter Dioramen- und Modellbauer und Table-Top-Spieler. Seinen Einstieg fand er über das frühere Spielsystem "Behind-Omaha" von Samy, aktuell spielt er "Poor Bloody Infantry/PBI", "Geile Scheiße", "DBMM", "ARMATI", "SAGA" und "Bolt Action"

5 Kommentare

  1. …ich habe Xenas Bericht über Strategie & Tabletop gelesen, es hat aber einige scharfe Haken dabei. Inzwischen gibt es eine Überflutung von Regelsystemen, Davon sind nicht alle wirklich strategisch. Im Gegensatz zu früher, sind Tablet-Partien von der Grösse der Figuren abhängig. Dazu kommt meiner Meinung nach, dass Armeen meistens nach DBX-Normen, also von PB abgesegnet sind. Bei vielen Regeln, darunter auch Armati fehlen Slawen listen völlig. Wenden werden bei DBX als Balten beschrieben. Auch angelsächsische Autoten erwähnen keine Abodriten als fränkische Verbündete der Franken in den sächsischen Kieregen. Ausserdem leben heute noch Sorben in Deutschland, die mitgeholfen haben, den fränkischen Dagobert I. 631 zu besiegen….

    • Dono tomodachi! Vu~odonikku-san. Go aisatsu

      (jetzt hoffe ich mal, dass ich da keinen Mist geschrieben hab..-darum noch mals auf Deutsch…)
      Welche Freude ! Der Herr Vodnik. Sei mir herzlich gegrüßt !

      Also, ich gebe Dir da völlig Recht was die Armeelisten betrifft..! Selbst meine derzeitige Lieblingsregel (Swordpoint) hat diese Listen nicht.., zumindest nicht so, wie es sein könnte. Zwar haben sie Slawen und auch „Baltische Eingeborene“ (unter denen Wenden usw. zusammengefasst werden..) aber da wäre wohl auf Luft nach oben. Zumindest aber 2 Listen, die in die Richtung gehen, und glücklicherweise mit PB nichts zum Tun haben…
      Die Frage ist eben, warum machst Du/wir nicht etwas eigenes..? Ehrlich gesagt, habe ich persönlich zu diesen Völkern kein großes Wissen, aber Dein Erfahrungsschatz ist doch so groß, dass sich da etwas machen lassen sollte…oder..?
      Davon abgesehen, möchte ich nochmals meine Freude darüber ausdrücken, Dich wieder zu lesen.., auch meine Frau, hat sich sehr gefreut, als sie es von mir hörte, und lässt Euch Beiden sehr herzliche Grüße ausrichten…!
      Ach so..; Ich weis ja nicht, ob Du es weist.., aber Du bist hier auch schon verewigt…
      guckst Du hier… https://www.pink-unicorn.tv/schlachtbericht-dba-wikinger-gegen-russen/

      So.., würd mich freuen, Dich öfters zu lesen.., nochmals herzliche Grüße und bleib mir gewogen.. Bis dann !

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