Saint-Aubin-Sur-Mer #7: Bürgersteige

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In Saint-Aubin-Sur-Mer sollte es zwar enge Straßen geben, aber auch Bürgersteige. Nicht zu breit, damals so üblich, aber breit genug, dass unsere Minis sich dort verlustieren und bätteln können. Wer alle Folgen unseres retrospektiven Bauberichts verfolgt hat, der wird sich erinnern, dass die Straßen des goldigen, französischen Badeorts recht geschwungen verlaufen. Als wir zum Bau der Bürgersteige übergehen wollten, stellte sich uns die Frage, wie man wohl die zugehörigen und ebenfalls geschwungenen Bürgersteige würde bauen können.

Disziplin im Stadt-Dioramenbau: der Bürgersteig

Übrigens, wer wie ich jetzt gerade beim Schreiben Alan Parsons „Time Machine“ im Hintergrund hören möchte, der folge bitte diesem Link zu YouTube. Irgendwie passt der chillige und sphärige Alan Parson genau hier dazu.

Ja, da hatten wir den Salat. Der Plasti schmunzelt, während er mir einen Orange-Ingwer-Tee eingießt. „Wie hasten dir das jetzt gedacht?“ kam da bei ihm um die Ecke. Es ist Juni und nicht mehr ganz so kühl, aber ich lasse mir den Orange-Ingwer-Duft in aller Ruhe in die Nase ziehen, auf dass mir – und damit uns – Ideen oder göttliche Eingebungen kommen mögen.

Für einen Moment dachte ich daran, die Bürgersteige entweder aus Sperrholz auszusägen oder aus Strukturpaste zu modellieren. Man muss dazu wissen, dass ich die Strukturpaste aus dem Mainzer Fantasyladen sehr schätzen und lieben gelernt habe. Und: nein, ich kriege nichts fürs Hochloben. Die Pampe ist wirklich geil. Aber zurück zu Sperrholz und Bürgersteigen.

Plasti macht mir schnell klar, dass die Sperrholznummer zwar ein ganzes Stadtviertel in einem Stück würde entstehen lassen, dass es aber eine mühsame Sägerei werden würde. Das leuchtete mir ein. Bei der Strukturpastenvariante dachte ich, zuerst die Häuser zu bauen und dann die Bürgersteige davor zu modellieren, die Ritzen der Platten zu ziehen und so weiter. Als ich das dem Plasti vorstellte, schmunzelte er wieder. Er machte mich darauf aufmerksam, dass es sicher besser sei, alle Häuser abnehmbar zu gestalten und die Häuser bei jeder Ausstellung und bei jedem Spiel aufs Neue auf die Platte zu stellen. So würde sich die Stadtplatte auch viel leichter transportieren lassen. Tja, der Plasti hat halt doch 30 Jahre Praxiserfahrung. Das merkt man da schon ein wenig.

Mit diesen Erkenntnissen ließen wir unsere Hirne ein wenig schmoren, bekakelten einige Einfälle, verwarfen sie wieder und konsumierten größere Mengen des Orange-Ingwer-Gebräus. Kurz bevor die Tee-Vorräte zur Neige gingen, kamen wir unserer später umgesetzten Lösung immer näher.

Fest stand, dass jeweils ein Stadtviertel oder Karree mitsamt Bürgersteigen, Hinterhöfen und Hausgrundflächen in Einem entstehen sollten. Somit bräuchten wir eine Lösung, welche von ihrer Dicke her den Bürgersteig darstellen könnte und als Gesamtfläche auftragbar sein sollte. Die Oberfläche sollte nach unseren Vorlagenbildern mit Gehsteigplatten belegt sein. Am Rand zur Straße hin sollten bitteschön Randsteine (Bordsteine) zu liegen kommen. Und regelmäßig oder unregelmäßig sollten Gullis den Verlauf der Straßen- bzw. Gehsteigbegrenzung auflockern.

Welches Material könnte dafür in Frage kommen? Also die Trittschalldämmung, welche wir zu Planungszwecken schon verwendet hatten, war ein klein wenig zu dick. Die könnte man eventuell auch dünner kriegen. Aaaber auf der Oberfläche würde man die Gehsteigplatten draufzeichnen müssen. Einritzen würde nicht gut gehen und wäre sehr aufwändig.

HO-Modellbahn: kein Tabu, sondern die Lösung

Im Modellbahnfachhandel ging ich später auf Erkundung und fand für den Modellbahnbau in Spurgröße HO Gehsteigplatten vor. Diese waren aus bedruckter Pappe hergestellt. Es gab auch verschiedene Muster dafür. Für die Straße selbst fand ich Kopfsteinpflaster in verschiedenen Ausführungen. Einziger Nachteil der Chose: der Preis. Wenn man mehrere Quadratmeter von dem Zeugs braucht, wird die Portokasse schnell leer.

Nachtrag aufgrund eurer Mails: die Gehsteige heißen „Busch 7418 Dekoplatten Gehwegplatten 2 St.“ und jibbet inne Bucht schon ab 1,69.

Mit der Trittschalldämmung wollte ich mich nicht so recht anfreunden. Bei Probeklebungen Pappe auf Trittschalldämmung hatte ich unschöne Effekte festgestellt. Das war für mich eher die Notlösung. So zog ich denn für einen Tag mit weit geöffneten Augen durch den Mainzer Einzelhandel. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich schließlich nach gefühlten 100 Geschäften etwas entdeckte, was sich mir schnell als eine sehr gute Lösung aufdrängte. Beim „Listmann & Stellwagen“ fand ich Pappe in verschiedenen Dicken. Bis zu 4mm dick sind die Bögen – und entsprechend schwer. Ich stellte mir aber vor, dass ich diese Bögen sehr gut mit einem scharfen Bastelmesser würde schneiden können. Und die Gehsteigauflagen sollten sich auch gut aufkleben lassen.

Beim nächsten Besuch beim Plasti beäugten wir meinen Fang. Nach kaum zwei Tassen Orange-Ingwer-Tee fiel unsere Entscheidung auf die Kombination 3mm-Pappe plus Gehsteigplatten und Kopfsteinplatten aus dem HO-Zubehör-Handel.

Ausführung und Umsetzung: die Baukolonne Sturmi legt los

Ja, die Ausführung der Bürgersteige war mein Part. Also süffelte ich genüsslich meinen Orange-Ingwer-Tee leer und trollte mich von dannen. Erster Schritt war das Übertragen der Formen der Bürgersteige auf die Pappe.

Dieser Rohling sollte die Form des Stadtviertels oder Karree im Zentrum der Altstadt von Saint-Aubin-Sur-Mer abbilden.

Dieser Rohling sollte die Form des Stadtviertels oder Karree im Zentrum der Altstadt von Saint-Aubin-Sur-Mer abbilden.

Aus der Projektphase der Planung der Straßenführung war ja noch die Trittschalldämmung da. Ich schnitt entlang der Straßenkanten die gesamten Straßenzüge bzw. Grundflächen der Stadtviertel heraus. Oben auf dem Foto ist so ein Stück zu erkennen. Deren Konturen übertrug ich dann durch Auflegen und Umzeichnen auf die Pappe.

Auflegen der formgebenden Umrissplatten auf die Pappe. Die Karton-Platte ließ sich nicht zu 100% nutzen. Ein wenig Verschnitt ließ sich nicht vermeiden.

Auflegen der formgebenden Umrissplatten auf die Pappe. Die Karton-Platte ließ sich nicht zu 100% nutzen. Ein wenig Verschnitt ließ sich nicht vermeiden.

An den so gezeichneten Linien schnitt ich mit dem Teppichmesser oder Bastelmesser entlang, nicht ohne dabei auch einen kleinen Schützengraben für Ameisen in unserem Wohnzimmertisch zu hinterlassen. Das Opfer brachte ich gerne, denn nun hielt ich die rohen Bürgersteigelemente in Händen.

Dieses Bürgersteig-Element steht stellvertretend für die übrigen Bürgersteigelemente, des Produktionslaufs. Es ist ein Bürgersteig am Rande der Dioramenplatte.

Dieses Bürgersteig-Element steht stellvertretend für die übrigen Bürgersteigelemente, des Produktionslaufs. Es ist ein Bürgersteig am Rande der Dioramenplatte.

Aufkleben der Bürgersteigplatten auf die Pappe

Nachdem ich alle Bürgersteigelemente geschnibbelt hatte, nahm ich mir größere Mengen an Gehsteigdeko zur Hand und legte fleißig auf. Noch kein Leim, nur große Augen gabs. Der Grund? Der Verschnitt nahm bei den Gehsteigauflagen übelste Dimensionen an. Mir wurde jetzt klar, wer die Nobelkarossen der Vorstände der Modellbahnzubehörindustrie finanziert.

Ich biss in den sauren Apfel und klebte die Gehsteige passgenau aneinander, denn die Kanten der Gehsteigplatten sollten ja fluchten und auf Lücke gesetzt werden.

Gehsteig-Platten auf der Pappe.  Zumindest die Plattenkanten fluchten einigermaßen.

Gehsteig-Platten auf der Pappe. Zumindest die Plattenkanten fluchten einigermaßen.

Zum Kleben der Gehsteigauflagen verwendete ich PONAL-Kleber. Iss nich billich, tut aber. So muss dass.

Diese mit PONAL geklebten Gehsteigplatten liegen zum Trocknen auf der Fensterbank in der Sonne.

Diese mit PONAL geklebten Gehsteigplatten liegen zum Trocknen auf der Fensterbank in der Sonne.

Die Gehsteigplatten werfen Blasen beim Trocknen.

Die Gehsteigplatten werfen Blasen beim Trocknen.

Was ich natürlich nicht erwartet hatte, geschah hinterhältigerweise erst, nachdem ich dem Trocknungsraum den Rücken gekehrt hatte. Der PONAL hatte die Gehsteigauflagen so sehr durchweicht, dass sie sich verzogen und Blasen bildeten. Ein Schnelleinsatz mit Löschblättern und Zewas konnte keine Abhülfe schaffen. Später zog sich manches wieder glatt – das Meiste eigentlich. Jetzt sind die Blasen „im Keller“, nämlich wenn die Häuserleins von Saint-Aubin-Sur-Mer draufstehen. Oben auf den Fotos seht ihr es ja. War natürlich ein Schock, denn ich dachte, ich müsste alles wegwerfen und neu bauen. Aber das Schicksal war nochmal gnädig mit mir.

Nach dieser emotionalen Pappkurbelei will ichs mal für heute mit meinen Schilderungen dabei bewenden lassen.

Stay tuned!

Sturmi


Bildnachweis: © alle schwarzer.de

Über den Autor

Sturmi ist passionierter Dioramen- und Modellbauer und Table-Top-Spieler. Seinen Einstieg fand er über das frühere Spielsystem "Behind-Omaha" von Samy, aktuell spielt er "Poor Bloody Infantry/PBI", "Geile Scheiße", "DBMM", "ARMATI", "SAGA" und "Bolt Action"

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