Macchi MC. 202 Folgore: Italiens überlegener Jäger

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Über Technik aus Italien sind ja viele respektlose Sprüche im Umlauf. Und tatsächlich ist die Technikgeschichte des Mittelmeerlandes reich an spektakulären Pleiten. Die Macchi MC. 202 „Folgore“ gehört nicht zu diesen Pleiten. Die schnelle und wendige Maschine gehört in Wirklichkeit zu den besten Jägern des 2. Weltkrieges. Mich hat die italienische Luftwaffe immer interessiert, weil sie viele durchaus eigenwillige Konstruktionen eingesetzt hat und mit weniger luxuriöser Ausstattung als die deutsche Luftwaffe auskommen musste. Trotzdem brauchten sich weder die Jagdwaffe noch die italienischen Torpedoflieger vor ihren deutschen Verbündeten verstecken.

Macchi MC. 202 Folgore

Die MC. 202 „Folgore“ war alliierten Jägern gleichwertig. Mein Modell zeigt eine über Nordafrika eingesetzte Maschine. (#2)

Die MC. 202 „Folgore“ war alliierten Jägern gleichwertig. Mein Modell zeigt eine über Nordafrika eingesetzte Maschine. (#2)

Im einzig wahren Maßstab 1/72 sind im Laufe der Zeit mehrere Bausätze der MC. 202 erschienen. Der älteste aus dem Hause Frog ist nur noch auf einer bekannten Online-Schacherbörse zu stolzen Preisen erhältlich. Der Frog-Bausatz Nr. 158P der „Folgore“ erschien erstmals 1963. Wegen seines hohen Alters dürfte sich der Bau kaum noch lohnen. 1972 brachte die italienische Firma Supermodell ebenfalls eine MC. 202 „Folgore“ heraus, der ebenfalls nicht mehr erhältlich ist. Dagegen ist der 2001 erschienene Bausatz Nr. 1222 des italienischen Herstellers Italeri gut detailliert und im Vergleich zum Hasegawa-Modell Nr. 51302 von 1992 im gleichen Maßstab auch recht preiswert. Ich entschied mich also für das Italeri-Modell.

Die MC. 202 von Italeri in 1/72

Die Wüstentarnung eignet sich gut für Einsteiger in die Lackierung mit der Spritzpistole. Allerdings habe ich die olivgrünen Tarnmuster mit einem feinen Pinsel aufgebracht. (#2)

Die Wüstentarnung eignet sich gut für Einsteiger in die Lackierung mit der Spritzpistole. Allerdings habe ich die olivgrünen Tarnmuster mit einem feinen Pinsel aufgebracht. (#2)

Das Italeri-Modell der MC. 202 wird gelegentlich für ein paar Passprobleme gescholten. Sie betreffen hauptsächlich die vordere Motorabdeckung, deren Form Italeri nicht korrekt wiedergegeben hat. Allerdings lässt sich dieses Manko mit ein bisschen Schleifarbeit beheben. Hier zahlt man einen sehr erträglichen Preis dafür, ein Modell zu bauen, dass nicht aus der hochpreisigen asiatischen Qualitätsproduktion stammt. Wobei der Unterschied aus meiner Sicht kaum ins Gewicht fällt.

Der Zusammenbau verlief ohne Probleme. Bei einzelnen Teilen sind Anpassungsarbeiten nötig. Im Cockpitbereich fallen einige Auswerfermarken unangenehm auf, lassen sich aber leicht beseitigen. Wer hier sauber arbeitet, kommt ohne viel Spachtelmasse aus. Vor allem bleiben so die feinen Gravuren erhalten, die dem Modell sein charakteristisches Aussehen verleihen. Die Cockpithaube ist zweiteilig ausgeführt und wirkt etwas grob. Wer will, kann sie durch eine tiefgezogene Kanzel von Falcon aus dem Kanzelsatz No.20: Italy, World War II (Teil 1). Wer nicht eine ganze Batterie Kanzeln für italienische Kampfflugzeuge kaufen möchte, kann auch die einzeln erhältliche Kanzel SQ9154 von Squadron verwenden.

Die „Folgore“ bemalen und markieren

In der Draufsicht kommt der an den Einsatzraum Wüste angepasste Tarnanstrich gut zur Geltung. (#2)

In der Draufsicht kommt der an den Einsatzraum Wüste angepasste Tarnanstrich gut zur Geltung. (#2)

Die Macchi MC. 202 „Folgore“ ist eines meiner ersten Modell, das ich mit der Spritzpistole bemalt habe. Für die Rumpfoberseite verwendete ich Wüstensand Nr. 93 von Humbrol. Die Unterseite spritzte ich in Hellgrau Humbrol Nr. 147. Es empfiehlt sich, erst die die Unterseite zu lackieren, um den Tarnverlauf an der Tragflächenvorderkante besser anlegen zu können. Die olivgrünen Tarnmuster brachte ich mit einem feinen Pinsel auf. Der Bausatz enthält Markierungen für zwei Maschinen. Die eine war 1942 über Libyen im Einsatz, die zweite flog im gleichen Jahr über Russland ihre Einsätze.

Die Geschichte der MC. 202 „Folgore“

Zeitgenössische Werksaufnahme einer M.C. 202 „Folgore“ noch ohne Verbandsmarkierungen. (#1)

Zeitgenössische Werksaufnahme einer M.C. 202 „Folgore“ noch ohne Verbandsmarkierungen. (#1)

Die MC. 202 „Folgore“ entstand als Weiterentwicklung des Macchi-Jägers MC. 200 „Saetta“. Im Gegensatz zur „Saetta“ verfügte die „Folgore“ über eine geschlossene Kanzel und einen 1200 starken Daimler Benz DB-601-Motor. Der DB 601 wurde in Italien in Lizenz gebaut und gab dem italienischen Flugzeugbau erstmals einen Reihenmotor, der englischen und amerikanischen Produkten gleichwertig war. Allerdings sorgte der Mangel an Motoren dafür, dass von der MC. 202 nur rund 1500 Maschinen gebaut wurden.

Den Übergang zwischen dem Oberseitenanstrich und der hellgrauen Unterseite kann man anlegen, indem man die Spritzpistole im flachen Winkel an der Tragflächenvorderkante entlang führt. (#2)

Den Übergang zwischen dem Oberseitenanstrich und der hellgrauen Unterseite kann man anlegen, indem man die Spritzpistole im flachen Winkel an der Tragflächenvorderkante entlang führt. (#2)

Im Frühjahr 1941 lieferte Macchi die ersten Flugzeuge aus. Die italienische Regia Aeronautica setzte den Jäger auf allen Kriegsschauplätzen ein- „Folgores“ kämpften über der libyschen Wüste, beschützten Versorgungskonvois für die Streitkräfte der Achsenmächte in Nordafrika und begleiten Bomber bei ihren Einsätzen über der britischen Inselbasis Malta. Eine kleine Zahl von „Folgores“ wurde zudem in Russland eingesetzt, aber 1943 mit dem Ende des italienischen Engagements an der Ostfront zurückgezogen. Trotz ihrer verhältnismäßig leichten Bewaffnung von zwei 12,7 mm-MGs und zwei 7,7 mm-MGs waren die Maschinen recht effektiv beim Einsatz gegen die beginnende alliierte Bomberoffensive.

Von der „Folgore“ zur „Veltro“

Einziges echtes Manko des Italeri-Bausatzes: Die Abziehbilder silbern sehr stark. (#2)

Einziges echtes Manko des Italeri-Bausatzes: Die Abziehbilder silbern sehr stark. (#2)

Nach dem Waffenstillstand Italiens mit den Alliierten 1943 gab es zwei italienische Luftwaffen. Die Luftwaffe der legitimen Regierung kämpfte auf alliierter Seite, um die deutschen Besatzer zu vertreiben. Die andere, die kleine Luftwaffe des kurzlebigen faschistischen Satellitenstaates in Norditalien, kämpfte auf deutscher Seite. Beide flogen „Folgores“. 1942 stellte Macchi die Weiterentwicklung MC. 205 „Veltro“ vor, die mit einem DB 605-Motor ausgerüstet war. Bis Kriegsende produzierte Macchi 177 Maschinen. Von denen flogen lediglich sechs in der italienischen Luftwaffe auf alliierter Seite. Da Macchis Produktionsstätten im norditalienischen Lecce lagen, ging der Löwenanteil der Produktion an die so genannte Nationalrepublikanische Luftwaffe, die auf deutscher Seite kämpfte.

Beide Typen wurden noch bis Mitte der 1950er Jahre von der italienischen Nachkriegsluftwaffe eingesetzt. Außerdem erhielt die ägyptische Luftwaffe zwischen 1948 und 1949 insgesamt 62 MC. 205, die sie im Krieg gegen Israel einsetzte.


Bildnachweis: © Titelbild + #1 Leonardo/ehem. Aermacchi, #2 Michael Klinger

Über den Autor

Mein Beruf ist das Schreiben; ich arbeite als freier Journalist, Texter und Buchautor. Das reicht für Leben und Modellbau, also auch für das eigentliche Leben. Beruflich wie als Modellbauer interessiert mich die Luftfahrt, speziell die der großen Luftfahrtländer. Ich baue auch gerne mal etwas, das aus dem Rahmen fällt. Hauptantriebskräfte: Neugier, Kaffee und ein guter Witz.

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