Flachfiguren aus Zinn: alles andere ist nur Spielzeug!

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Dass die Figuren unseren XENA bewegt haben, das haben wir im Sommer gelesen. Doch wie ging die Geschichte weiter? Glücklicherweise schreibt er gerne Mails, der XENA. Von Flachfiguren aus Zinn ist die Rede. Hier ist, was kürzlich darinnen stand.

XENAs Begegnung mit den Armeen

„Tja, und dann stehe ich abends vor einem guten deutschen Reihenhaus. Zugegeben, noch immer mit flauen Gefühlen im Magen klingle ich nach kurzem Zögern mutig.

Was mich in den nächsten etwa drei Stunden erwartete, lässt sich noch heute mit Worten kaum beschreiben. Es offenbarte sich eine Welt vor meinen Augen, welche ich auf diese Art und Weise noch nicht einmal in meinen Träumen gekannt hatte. Stellt es euch einmal vor: wenn man dem Objekt seiner höchsten Hobby-Begierden begegnet, dann ist das schon dazu geeignet, jemanden umzuhauen. Und das tat es dann auch…

Werden diese Begierden aber noch um ein mehr als 100-faches übertroffen, dann stehst Du kurz vor dem Kollaps! Es würde ein ganzes Buch füllen – nein zwei! – meine Gefühle von diesem Abend genau schriftlich niederzulegen. In der Kurzform muss ich sagen, dass ich an diesem Abend (vorsichtig geschätzt) 150.000 (in Worten: einhundertfünfzigtausend ) Figuren gesehen habe. Eine sehr vorsichtige Schätzung, wohlgemerkt.

In diesem Haus gab es nahezu keinen Ort, an dem nicht eine Glasvitrine, ein Regal oder was auch immer stand oder befestigt war. Und in/über/unter/auf/hinter all den Vitrinen standen Figuren, Figuren, Figuren, Figuren, Figuren, Figuren … Selbst die Toilette war in Bataillonsstärke bewacht! So kam es, dass ich dort eine unanständig lange Zeit verbrachte – bis ich alles in Ruhe begutachtet hatte.

Die Figuren traten nicht einzeln auf. Mit Bataillonsstärke habe ich es sicher nicht richtig getroffen. Regiment oder Brigade wären sicher zutreffender. Mein freundlicher Verkäufer und sein Bruder – mein zukünftiger Lehrmeister in Sachen Bemalen von Zinnfiguren – warfen mich mit Informationen über diese Figuren dermaßen zu, dass meine Aufnahmefähigkeit alsbald erreicht und überschritten war. Meinen Nachhauseweg nahm ich eigentlich nur noch nebenbei wahr. Ein nicht ungefährlicher Umstand, musste ich doch auch ganz nebenbei noch Auto fahren…“

Aftermath oder vom Beginn der Flachfigurenzeit

„Zurück zuhause bin ich noch immer fassungslos, erzähle Meiner LEE** unzusammenhängende Geschichten und Balladen von Zinnfiguren, Schlachten, Regimentern – kurz, alles das, was sie weder versteht noch wirklich richtig interessiert.

Dies ist der Beginn der „Flachfiguren Zeit“ wie ich sie nenne. Flachfiguren sind eine Sache für sich. Mit ihnen spielen klappt nicht, allein schon aus dem Grund, weil sie dafür schlicht zu teuer sind. Ein weiterer Aspekt ist die Art und Weise, wie diese Figuren angemalt werden. Schon hier beginnen sich die Kreise immer weiter zu ziehen, was das Thema „Flachfiguren“ betrifft.

Für die Sammler derselben, sind nur die Flachen die „wahren“ Zinnfiguren. Dementsprechend sind auch nur deren Sammler die wahren „Zinnfigurensammler“. Vollplastische Figuren, die es auch damals – allerdings in weit geringerem Ausmaß wie heute – schon gab, wurden und werden es noch heute von den FF-(Flachfiguren) Enthusiasten, nicht als Zinnfiguren, sondern eher als Spielzeug bezeichnet und angesehen.

Als ich das erste Mal im „Zinnfiguren Nirwana“ – der Zinnfigurenbörse in Kulmbach – war, traf mich das Angebot an FF- und anderen Figuren so gewaltig, dass zumindest meine Nachfrage mehr als befriedigt wurde. Ich war solchermaßen erschlagen, dass es mir das Wasser in die Augen trieb. Innerhalb kürzester Zeit waren meine finanziellen Mittel erschöpft und ich Besitzer von etlichen Flachfiguren, welche es nun zu bemalen galt.“

Vom Bemalen von Flach-Zinnfiguren

„Ich lernte also, Figuren anzumalen, was sich als eine „schwere Kost“ herausstellte, denn ich hatte einen sehr guten Lehrer. Ein lieber Mensch, der sich jedoch beim FF Malen als gestrenger Lehrmeister entpuppte. FF werden, nachdem sie grundiert wurden, mit Künstlerölfarben bemalt. Was sich einfach anhört, ist im Gegenteil sogar ziemlich schwer, da man das fehlende Volumen einer vollplastischen Figur durch die Bemalung vortäuschen muss. Die Figur soll später aussehen, als wäre sie plastischer, als sie in Wirklichkeit ist. Dies ist ohne richtiges Werkzeug wie Pinsel etc. nicht möglich.“

Ein Exemplar einer Flachfigur aus Zinn, genauer: eine teilgrundierte FF aus der Sammlung Liebold (Foto: XENA)

Ein Exemplar einer Flachfigur aus Zinn, genauer: eine teilgrundierte FF aus der Sammlung Liebold (Foto: XENA)

„Meine erste Figur bemale ich sechs mal hintereinander, bis mein Lehrmeister mit meinen Künsten zufrieden ist. Die Flachfigur weist natürlich zu Beginn auch die typischen Anfängerfehler auf. Mein größter Fehler ist „Zu viel Farbe benutzt“, gefolgt von „falsche Farbe zum Erhellen oder Verdunkeln benutzt“ und an dritter Stelle „die schwersten Farben (welche per Definition gar keine sind) zu malen sind SCHWARZ und WEISS“.“

Die Flachfigur "Richard Löwenherz", gemalt von Roland Umhey, Sammlung Liebold

Die Flachfigur „Richard Löwenherz“, gemalt von Roland Umhey, Sammlung Liebold

Die Flachfigur "Richard Löwenherz", gemalt von Roland Umhey, Sammlung Liebold

Die Flachfigur „Richard Löwenherz“, gemalt von Roland Umhey, Sammlung Liebold

„Die oben zu sehende Flachfigur von Richard Löwenherz ist zum Beispiel (angeblich) „geschnuddelt“. „Typische Massenmalerei“, so die Worte meines Lehrmeisters, der sie mir mit den Worten schenkte „Guck sie Dir an: mit der Farbe könnte man drei Figuren malen! Mach diesen Fehler nicht!“ ( Ich bin diesbezüglich noch heute anderer Meinung…)

Irgendwann ist dann der Tag gekommen, an dem ich stolz meine „allererste“ selbstbemalte Flachfigur in meinen Händen halte, von der ich zwischenzeitlich fast nicht mehr glaubte, dass ich sie jemals vollenden würde. Aber mein Lehrmeister war hartnäckig und ich danke ihm noch heute für das, was er mir damals beibrachte.“

"Meine Erste"-Flachfigur: ein Burgunder

„Meine Erste“-Flachfigur: ein Burgunder

"Meine Erste"-Flachfigur: ein Burgunder

„Meine Erste“-Flachfigur: ein Burgunder

„In der Nachfolgezeit male ich viele Flachfiguren und verschenke sie meist als Kasten-Diorama an Geburtstagen und mache so etliche Menschen grlücklich. Ich tauche in einen neuen Kreis von Menschen ein, welche sich alle in der Zinnfigurenwelt tummeln. Nebenbei lerne ich dabei eine Frau kennen, welche mein Herz im handstreichartigen Sturm erobert und den Brückenkopf über 35 Jahre bis zum heutigen Tage hält!

Und es kommt, wie es kommen muss: nun lerne ich erst richtig kennen, was das Angebot für (meine) Nachfrage an Figuren bereit hält. Ein letztes Aufbäumen in meiner Zinnfigurenzeit (FF) stellt eine mir selbst auferlegte „Meisterprüfung“ in Sachen FF Malerei dar. Eine FF von Napoleon, der berühmte „Übergang über die Alpen“ zeigt Napoleon auf einem Apfelschimmel – die Königs-Disziplin.

Nachfolgend ist diese von mir nie vollendete Figur zu sehen – meine letzte Flachfigur. Ich hüte sie wie ein Juwel verpackt bis heute.“

Flachfigur "Napoleon auf einem Apfelschimmel"

Flachfigur „Napoleon auf einem Apfelschimmel“


Bildnachweis: © alle XENA

Über den Autor

Sturmi ist passionierter Dioramen- und Modellbauer und Table-Top-Spieler. Seinen Einstieg fand er über das frühere Spielsystem "Behind-Omaha" von Samy, aktuell spielt er "Poor Bloody Infantry/PBI", "Geile Scheiße", "DBMM", "ARMATI", "SAGA" und "Bolt Action"

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